Von Mode und Wunschgewicht

MODEHAUS FORST:Hormone bestimmen, wie wir aussehen, wie wir uns fühlen, wie wir denken – Rabea, das lesen wir auf deiner Website. Wir fühlten uns direkt angesprochen! Jeden Tag dürfen wir Frauen beraten, sie begleiten im Bereich Ausstrahlung und individueller Schönheit. Das Gewicht spielt immer wieder eine Rolle, wenn es um Kleidung und Styling geht. Du sagst, Hormone sind der Schlüssel zu einem guten persönlichen Gewicht. Warum? Bitte erkläre uns, was Hormone eigentlich sind.

RABEA KIESS: Hormone sind chemische Botenstoffe, die in unseren Hormondrüsen produziert werden, dazu gehören Hypothalamus und die Hypophyse im Gehirn, Schilddrüse und Nebenschilddrüse, die Thymusdrüse, die Bauchspeicheldrüse sowie die Nebennieren und bei der Frau schließlich die Eierstöcke.

Unsere Hormone arbeiten eng mit dem Nervensystem zusammen. Sie passen unsere Körperfunktionen aber auch unser Verhalten an die jeweilige Situation an. Hormone steuern unseren Körper. Sie sorgen zum Beispiel dafür, dass wir Wärme produzieren, wenn uns kalt ist, dass wir einschlafen, wenn wir müde sind. Sie steuern auch unsere Libido, die Konzentration und die Stimmung.

Das zeigt, wie wichtig Hormone sind.

Ja, und dass wir uns mit unserer Hormonbalance beschäftigen sollten.

Hat sich das System der Hormone mit der Evolution jeweils an unser Leben angepasst?

Nein, überhaupt nicht. Wir stecken immer noch im Körper des Steinzeitmenschen. Und hier liegt das Problem: Die Umwelt hat sich verändert und unser System kommt nicht hinterher. Speziell mit dem Dauerstress kommt unser Körper nicht klar.

Was ist Dauerstress?

Wir stehen morgens auf, ackern uns durch den Tag und abends fallen wir todmüde ins Bett. Das ist eine chronische Stressbelastung. Wenn emotionale Probleme hinzukommen – Beziehungsprobleme mit dem Partner, Unzufriedenheit im Job , Existenzängste – zeigt der Körper eine Stressreaktion. Die wirkt sich stark auf unsere Hormonbalance aus.

Kurzfristig kann der Körper gut auf Stress reagieren. Das ist seine Fähigkeit zur Selbstregulation. Dadurch hat der Mensch über viele Generationen hinweg überlebt. Aber auf Dauer kippt die Balance und wir entwickeln Beschwerden.

Welche Beschwerden sind das?

Müdigkeit und Erschöpfung. Frauen bemerken Zyklusbeschwerden, Regelschmerzen oder PMS, also depressive Verstimmungen bevor die Periode einsetzt. Die Liste ist lang: Schlafstörungen, innere Unruhe … ich könnte da noch viel mehr aufführen. Viele Beschwerden tun wir als normal ab. Sie sind es aber nicht. Und diese Symptome zeigen, dass etwas aus der Balance geraten ist.

Du hast das Hormon-Reset-Programm entwickelt. Wie funktioniert es? Reset bedeutet doch „auf Null stellen“.

Ich habe den Begriff „Reset“ gewählt, weil es darum geht, vieles zu überdenken – sowohl die Ernährung als auch den Lebensstil. Hier auf Neustart gehen, denn diese Dinge beeinflussen unsere Hormonbalance.

Das bedeutet auch Neues zu lernen, umzulernen und neue Gewohnheiten zu etablieren, also nachhaltig in Balance zu kommen. Es geht nicht darum, mit einer Diät kurzfristig etwas umzustellen. Das Hormonsystem ist nicht von heute auf morgen aus der Balance geraten. Das passiert meist über viele Monate und Jahre.

In welcher Form bietest du das Hormon-Reset-Programm an?

Es gibt das Einzelcoaching oder ein Online-Gruppen-Programm. Dieses Programm läuft über sieben Wochen und in jedem Abschnitt lernen die Frauen einen weiteren Baustein kennen. Der hilft, die Hormone zu unterstützen. Wichtig ist dabei die Ernährung aber auch die Stressbewältigung. Wir beschäftigen uns übrigens auch mit Glaubensätzen und Erwartungen – ein großer Stressfaktor bei Frauen.

Wie meinst du das? Geht es da um die Einstellung zum eigenen Körper?

Ja. Es fehlt oft die Selbstfürsorge. Frauen opfern sich auf – für andere Menschen, für ihre Familie, für ihre Mitmenschen. Manchmal passiert das auf der Suche nach Anerkennung.  Dabei vergessen Sie sich oft selbst. Im Verlauf des Hormon-Coachings liegt hier meist die Schlüsselerkenntnis vieler Frauen: Komme ich selber wieder in die Energie, kann ich für meine Mitmenschen sehr viel besser dasein. Nur wenn ich selbst Energie habe, kann ich diese auch weitergeben. Hormonbalance bedeutet, mit Energie geladen und leicht zu sein. Der Effekt: Man erlangt sein Wohlfühlgewicht.

Gewicht – gutes Stichwort. Viele Frauen hadern damit und möchten abnehmen.

Genau. Oft klappt das nicht. Als sie jung waren, hat das noch funktioniert. Aber spätestens ab 40 setzt eine Veränderung ein. Es entwickeln sich Problemzonen oder das Abnehmen fällt schwerer. Das passiert, obwohl die Frau ihre Lebensgewohnheit beibehalten hat. Aber die Hormone haben sich verändert. Das ist der Zeitpunkt, an dem wir unseren Lebensstil ändern müssen, weil der Körper andere Bedürfnisse hat.

Viele Frauen kontaktieren dich, weil sie ihr Gewicht verändern wollen. Und dann öffnen sich neue Ebenen.

Absolut. Ich erhalte viele Nachrichten. Die Frauen schreiben: „Ich habe schon so viel umgestellt und ausprobiert.“ Doch wenn man beim Thema Ernährung stehen bleibt, reicht es in der Regel nicht. Wenn es so einfach wäre, dann hätten wir nicht so viele Beschwerden. Und: Viele Frauen sind relativ diszipliniert. Sie achten sehr auf ihre Ernährung. Zwar führt der Buchtitel das Wort „Diät“ im Titel, aber es geht nicht darum, den Körper in ein Defizit zu bringen – noch weniger essen und noch mehr trainieren. Es geht darum, den Körper zu nähren. Das ist eine wichtige Botschaft. Dem Körper muss signalisiert werden: Du bist in Sicherheit.

Hier schließt sich der Kreis: Ernährung kann ein Stressfaktor sein?

Genau, wenn man die Mahlzeiten oder bestimmte Nährstoffgruppen auslässt – Kohlenhydrate sollen dick machen, Fette hätten zu viele Kalorien. Und da geht das Problem los. Dann fehlen wichtige Bausteine für die Bildung der Hormone. Regelmäßig und reich an Vitalstoffen essen – das ist ein wichtiger Schritt. Die Frauen aus dem Hormon-Reset-Programm geben mir die Rückmeldung: Ich esse jetzt viel mehr als vorher, bin satt und nehme ab. Das ist ein riesen Aha-Erlebnis.

Frauen sagen oft: „Ich will abnehmen oder nicht mehr diese Beschwerden haben.“ Das wirkt auf mich als würden sie gegen den eigenen Körper arbeiten. Ich sagen dann: „Versuch‘ mit dem Körper zu arbeiten. Bilde ein Team mit deinem Körper in Liebe zu ihm.“ Die Intention ist, ihn zu unterstützen.

Das ist auch für uns im Modehaus ein wichtiger Aspekt. Die Figur annehmen – das sehen wir auch so. Wir wollen eine Frau nicht an ein Ideal anpassen. Wir begrüßen jede Kundin so, wie sie ist. Wir schauen, was sie mag. Verändert sie sich – zum Beispiel durch dein Coaching – gehen wir den Weg einfach mit.

Da spielt auch meine Definition von Wunschgewicht hinein. Dabei geht es weniger um das angestrebte Gewicht, sondern mehr um das gute Gefühl. Wie will ich mich in meinem Körper fühlen? Dabei spielt das Gewicht keine Rolle.

Es geht auch nicht um Perfektion. Eher um die Frage: „Wie setze ich meinen Körper gut in Szene?“ Den Körper und die Figur kann man mit Kleidung wunderbar betonen. Und das beginnt mit der Annahme des eigenen Körpers. Dann hat jede Frau das Recht, ein paar Pfunde los zu werden. Aber nicht, weil sie Schönheitsidealen nacheifert, sondern weil sie sich selbst besser fühlt. Was ich an euch mag, ist, dass ihr die schöne Seite der Frau betont. So kann die Frau den Kreislauf negativer Gedanken durchbrechen, der Stress nimmt ab und das Gewicht kann reduziert werden.

Was war der Impuls zu deinem Buch?

Als Personal Trainerin merkte ich, dass ich mit bestimmten Kundinnen nicht weiterkam. Klassische Diäten schlugen nicht an. Daraufhin beschäftigte ich mich mit Stoffwechsel und Hormonen – eine neue Welt öffnete sich. Seither arbeite ich ganzheitlicher. Darauf wurde ein Verlag aufmerksam und jetzt gibt es dieses Buch. Es macht die Idee der Hormonbalance mehr Menschen zugänglich.

Liebe Rabea, vielen Dank für deine Zeit und die guten Ideen. Wir haben dein Buch mit Freude gelesen und empfehlen es von Herzen.

Sehr gerne! Ich freue mich, dass ich euer Gast sein durfte.